Empathie in der Gesprächsführung
Empathie können wir lernen, täglich üben und im wertschätzenden Dialog durch ehrliche Auseinandersetzung vertiefen.
31.03.2017Christl Bubik
DownloadEmpathie als Leistungssicherung
„Wenn Sie mir besser zugehört und vielleicht auch nachgefragt hätten, wären wir jetzt einen Schritt weiter“ – so oder ähnlich könnten Gespräche kommentiert werden, die zu keiner gemeinsamen Lösung geführt und die Gesprächspartner frustriert zurückgelassen haben. Obwohl Empathie als Führungskompetenz in den meisten Unternehmen unter „sozialen Fähigkeiten“ aufgelistet wird, leben wir sie in der Praxis aufgrund von hohem Druck und Leistungserwartung, Dauerstress und der starken Fokussierung auf uns selbst oft nicht.
Wie viele Studien belegen, hat fehlende Empathie beträchtliche betriebswirtschaftliche Folgen, denn Mitarbeiter, die sich nicht wertgeschätzt und gehört fühlen, keinen Sinn in und wenig emotionale Bindung zu ihrer Arbeit haben, leisten weniger, werden öfter krank und sind stärker Burnout gefährdet.[1]
Empathie reduziert Druck
Eine empathische Gesprächsführung führt dazu, dass Mitarbeiter als Menschen wahrgenommen werden, deren Meinung zählt und deren Anliegen gehört werden. Sie macht es möglich, Emotionen und individuelle Beweggründe zu berücksichtigen, Stärken gezielt in Lösungen einzubinden sowie Entwicklungsmöglichkeiten gemeinsam zu erarbeiten. Eine empathische Haltung in Gesprächen schafft positive soziale Beziehungen und reduziert psychischen Druck und Stressempfinden. Sie trägt dazu bei, dass Menschen gerne Menschenin Organisationen sind, mit Begeisterung und Motivation arbeiten und ihr Bestes im Sinne des Unternehmensziels geben.
Was bedeutet Empathie?
Empathie wird meist als das Vermögen definiert, die durch Körpersprache, Gesichtsausdruck und Stimme ausgedrückten Emotionen unseres Gegenübers wahrzunehmen und sich in diese einzufühlen.[2] Es geht bei Empathie also nicht primär um das kognitive Verstehen anderer Menschen, was häufig auch als kognitive Empathie bezeichnet wird. Vielmehr sprechen wir hier vom Wahrnehmen der Gefühle und Bedürfnisseanderer, um ein Verstehen auf einer tieferen Ebene zu erzeugen. Das setzt voraus, dass wir einerseits Gefühle bei uns selbst und bei anderen wahrnehmen können, und dass wir uns andererseits bewusst sind, wie maßgeblich wir in unserem Verhalten von unseren Gefühlen geleitet werden.
Neurowissenschaftlicher Exkurs: Die Macht der Gefühle
Jahrtausende lang ging die menschliche Vorstellung von der Zusammenarbeit zwischen Verstand und Gefühlen von der Idee Platons aus, dass der Verstand – so wie der Lenker eines Wagengespanns seine Pferde – unsere Gefühle zügelt. Auch in der Zeit der Aufklärung wurde die Rationalität als höchstes Ziel gepriesen und Gefühle als Affekte oder Verstandestrübungen beschrieben, die es zu überwinden galt.[3]Diese Idee wurde im 20. Jahrhundert von der Psychologie weiter aufgenommen. Erst die neurowissenschaftlichen Forschungen der 1980-er Jahre haben zu einer neuen Erkenntnis geführt: Unsere Gefühle spielen eine viel größere Rolle als bis dato angenommen: Ohne Gefühle gibt es gar keinen Verstand. Pferde und Lenker sind sozusagen auf Gedeih und Verderb voneinander abhängig.[4]
Unsere Grundgefühle wie Schmerz, Freude, Angst, Ekel und Begehren, die für unser pures Überleben notwendig sind, sind in unserem zweitältesten Gehirnteil beheimatet, dem sogenannten limbischen System oder auch emotionalem Zentrum. Diesen Gehirnteil haben wir mit anderen Säugetieren gemein.
Spiegelphänomen als Grundlage für Empathie
Dieses limbische System funktioniert als offenes System oder offene Schleife, das heißt, wir regulieren unsere eigenen Emotionen in der Verbindung mit anderen Menschen. Dies bedeutet auch, dass wir automatisch unsere Emotionen an die Person angleichen, mit der wir gerade zusammen sind – ein Phänomen, das Spiegelung genannt wird und die Grundlage für Empathie darstellt.[5] Was uns Menschen im Vergleich zu anderen Säugetieren jedoch auszeichnet ist, dass wir eine vergrößerte vordere Großhirnrinde besitzen (orbitofrontaler Cortex), die für die Einbeziehung unserer instinktiven Gefühle aus dem limbischen System in Entscheidungsprozesse zuständig ist. Unser Wissen wird also laufend mit unseren augenblicklichen Empfindungen und unserem emotionalen Erfahrungsschatz abgeglichen, und dieser Prozess hat einen maßgeblichen Einfluss darauf, wie wir entscheiden, welche positiven oder negativen Erwartungen wir haben, wie wir lernen und wie motiviert und begeistert wir sind.[6] Diese Vorgänge können bewusst ablaufen, da sie aber in unserem Gehirn viel mehr Energie benötigen als unbewusste, läuft der Großteil dieser Prozesse unbewusst und außerhalb unserer Wahrnehmung ab.
Gefühle haben Macht über unsere Beziehungen
Gefühle sind also ein machtvolles Instrument der Selbststeuerung und der Schlüssel, der uns erlaubt, eine positive Beziehung zu anderen Menschen aufzubauen, Begeisterung zu wecken und eine Vertrauenskultur zu schaffen. Unternehmen bestehen aus Menschen, deren Beziehungen und Vertrauen untereinander durch Gespräche miteinander gestaltet werden, unabhängig davon, ob es sich um Gespräche auf gleicher hierarchischer Ebene oder um Gespräche zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern handelt. Die Fähigkeit, authentisch und empathisch zu kommunizieren, basiert einerseits auf einer guten Beziehung zu sich selbst und einer klaren Selbstwahrnehmung von sich selbst und andererseits auf der Fähigkeit, Gefühle bei anderen wahrzunehmen sowie auf der Bereitschaft, echtes Interesse für sein Gegenüber zu empfinden.
Empathie in der Gesprächsführung – Versuch eines Manuals
Innere Klarheit und Selbstwahrnehmung
Innere Klarheit als Basis der Gesprächsführung bedeutet, eine gute Selbstwahrnehmung der eigenen Gefühle, Bedürfnisse und Werte zu entwickeln, um die eigene innere Haltung zu definieren und authentisch auf andere zugehen zu können.
Klarheit über eigene Gefühle und Bedürfnisse
Selbstwahrnehmung ist nicht nur die Fähigkeit, seine eigenen Gefühle und emotionalen Signale wahrzunehmen, sondern sich auch des WARUMS – der Bedürfnisse hinter den Gefühlen – bewusst zu sein. Gefühle sind immer Ausdruck erfüllter oder unerfüllter Bedürfnisse, z.B. kann hinter dem Gefühl Ärger über eine Störung das Bedürfnis nach Ruhe stehen. Das Wissen darüber, was einem selbst persönlich wichtig – also ein Bedürfnis – ist, schafft einerseits Klarheit über die eigenen Wahlmöglichkeiten, andererseits hilft es, die eigenen emotionalen Reaktionen und ihre Auswirkungen auf das eigene Verhalten besser zu verstehen. Dieses Verstehen wiederum ermöglicht es, eine bewusste Entscheidung darüber zu treffen, sich nicht von den eigenen Emotionen in einem Gespräch steuern zu lassen, sondern konstruktiv mit ihnen umzugehen und die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse bewusst in die Gesprächsstrategie zu integrieren.
Klarheit über die eigenen Werte
Selbstwahrnehmung bedeutet aber auch, Klarheit über die eigenen Werte zu haben – sich sozusagen auf die eigene emotionale Meta-Ebene zu begeben und zu definieren, welche positiv emotional gefärbten Grundhaltungen das eigene Verhalten steuern. Wie emotional wichtig uns Werte sind, bestimmt auch, wie sehr uns ein Ziel anspricht und wie sehr wir uns dafür einsetzen. Das Bewusstsein der eigenen positiven Werte führt wiederum dazu, dass wir unsere Entscheidungen, Handlungsstrategien und auch unsere Gesprächsführung an ihnen ausrichten und dadurch öfter befriedigende Ergebnisse erlangen, was in Folge einen positiven Effekt auf unsere Motivation hat.[7]
Klarheit über Bewertungsmechanismen und Glaubenssätze
„Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen“ (Epiktet). Bevor wir in ein Gespräch gehen, versuchen wir meist, eine klare Vorstellung darüber zu erlangen, wer uns in diesem Gespräch gegenübersitzt. Oft kennen wir die Person bereits und haben eine gemeinsame Geschichte, die sich emotional in uns verankert hat, oder wir holen uns Meinungen von Drittpersonen ein, die ebenfalls emotional gefärbt sind. So ist unsere Einschätzung der Gesprächssituation häufig stark abhängig von unseren persönlichen Vorerfahrungen. Unabhängig davon ob positiv oder negativ läuft in uns ein Bewertungsraster ab, das leicht zu Vorurteilen und Festschreibungen führt und unsere Gedanken dominiert – und somit ebenso unsere Gefühle und unsere Ausstrahlung nach außen. Sich der eigenen Bewertungsmuster und des Einflusses bewusst zu sein, den unsere Gedanken auf unsere Gefühle haben, ist ebenfalls Teil der Selbstwahrnehmung und eine Voraussetzung dafür, offen auf andere zu zu gehen.
Glaubenssätze sind ebenfalls bewertende innere Stimmen, die sich auf die eigene Person beziehen, wie z.B. „Ich schaffe es nie, ruhig und gelassen meine Meinung zu sagen“. Sie haben maßgeblichen Einfluss darauf, mit welcher inneren Einstellung wir in eine Gesprächssituation gehen. Sie wurzeln einerseits in frühkindlichen Erfahrungen, aber auch in konkreten Erfahrungen im Unternehmenskontext und fördern oder schmälern unseren Selbstwert und die Überzeugung hinsichtlich unserer eigenen Möglichkeiten, wirksam auftreten und handeln zu können. Sich der eigenen Glaubenssätze bewusst zu sein und sie gegebenenfalls mit positiven Gegenbeispielen und eigenen Stärken umzukehren, stärkt die innere Haltung und die Bereitschaft zur Offenheit für den Gesprächspartner.
Äußere Klarheit und Empathie mit anderen
Eine klare persönliche Selbstwahrnehmung schafft die Basis für authentisches Auftreten und eine klare und offene Kommunikation. Dies schafft Vertrauen in Gesprächen und ist eine gute Voraussetzung für Empathie. Anderen Menschen tatsächlich Empathie entgegenzubringen, ist jedoch eine innere Haltung, das Empfinden von ehrlichem Interesse und Neugier und dem Wunsch, auch emotional zu verstehen, was den Gesprächspartner bewegt. Empathie ist ein Einstellen auf den anderen, das es erlaubt, negative Gefühle zu entkräften, gemeinsame Werte und Prioritäten zu spüren und angemessen und wertschätzend zu reagieren. Folgende Verhaltensweisen in der Gesprächsführung drücken eine empathische Haltung aus:
Präsenz
Präsenz in Gesprächen bedeutet, klar und ruhig bei sich selbst und gleichzeitig mit der Aufmerksamkeit beim Gesprächspartner und der Gesprächssituation zu sein. Eine geerdete, offene Körperhaltung und freundlicher Augenkontakt signalisieren dem Gesprächspartner, dass er wahrgenommen wird, und machen es möglich, den Fokus weg von sich selbst und den eigenen inneren Stimmen und Gedanken zu lenken. Oft läuft in uns ein Kopfkino ab, dem wir gerne folgen, wodurch wir die Aufmerksamkeit für unseren Gesprächspartner verlieren und uns selbst die Möglichkeit nehmen, seine Mimik und Körpersignale und somit seine Emotionen wahrzunehmen. Innehalten und immer wieder einen Moment der Achtsamkeit zuzulassen – wie z.B. im Gespräch durch einen tiefen Atemzug zu entschleunigen –, kann uns helfen, in die Präsenz zurückzukehren und den Gesprächspartner wieder bewusst wahrzunehmen.
Aktives Zuhören
„Es hört doch jeder nur, was er versteht“ (J.W.von Goethe). Gehört ist nicht gleich verstanden: in Gesprächen hören wir oft nicht zu – wir hören die Worte, nicht aber deren Inhalt und Bedeutung -, da sich unsere Gedanken bereits auf das konzentrieren, was wir selbst sagen wollen oder auf die Strategie, die wir anwenden könnten, um unser Gesprächsziel zu erreichen. Aktives Zuhören bedeutet, sich zu vergewissern, dass das, was man verstanden hat, auch dem nahe kommt, was das Gegenüber gemeint hat. Hier hilft z.B. eine Reaktion wie diese: „Habe ich Sie richtig verstanden? Sie sagten, dass….“ Es geht um Klärung der Bedeutung des Gesagten. Wir nehmen so auch die mitschwingenden Emotionen wahr. Aktives Zuhören erfordert die Bereitschaft, den Gesprächspartner wirklich verstehen zu wollen, den Fokus weg von sich selbst zu richten und fördert die Bereitschaft, die emotionale Seite einer Botschaft aufzugreifen und empathisch darauf zu reagieren.[8]
Fragen
Die Schnelligkeit des Arbeitsalltags erfordert oftmals geschlossene Fragen. Wir stellen Fragen nach Erledigungen, Deadlines und Fakten, die ganz klar mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Geht es aber um empathische Gesprächsführung, helfen offene Fragen – die sogenannten W-Fragen wie Welche, Wodurch, Woran, Wie, Was, Wer, Wann –, Bedeutungen zu klären, neue gedankliche Räume und Perspektiven zu eröffnen und den Gesprächspartner mit seinen eigenen Ideen und Lösungsvorschlägen in das Gesprächsziel einzubeziehen.
Verstanden ist nicht unbedingt einverstanden: Offene Fragen sind Ausdruck der Wertschätzung und drücken das Bedürfnis aus, etwas wissen zu wollen, andere Positionen und Meinungen zu verstehen und Lösungen zu suchen. Entspringen sie nicht einem manipulativen Kalkül, sondern einer empathischen inneren Haltung, werden sie auch nicht als bedrängend oder bohrend interpretiert.[9]
Ich-Botschaften
Gedacht ist nicht gesagt: Klare Ich-Botschaften in der Kommunikation auszusprechen, macht es möglich, die eigenen Anliegen und Bedürfnisse darzulegen: „Mir ist es wichtig, dass… Ich möchte, dass…“. Ich-Botschaften verstecken Aussagen nicht hinter „man“ Formulierungen, sondern machen sie klar verständlich. Sie geben dem Gesprächspartner auch die Möglichkeit, sein Gegenüber besser einzuschätzen und durch Verstehen und Spüren eine empathische Verbindung aufzubauen. Besonders im Falle von Konflikt- oder Kritikgesprächen sind Ich-Botschaften ein Angebot, die Schuldzuweisungsstrategie von Du-Botschaften zu durchbrechen. Statt mit dem bedrohlichen „Sie haben nicht…!“ bekommt der Gesprächspartner mit dem Angebot einer Ich-Botschaft die Möglichkeit, seine Meinung und seine Ansichten zu äußern, ohne sich rechtfertigen zu müssen.
Konstruktives Feedback geben
Das Geben von konstruktivem Feedback ist eng verknüpft mit einer empathischen Gesprächshaltung und erfordert als Voraussetzung auch eine gute Selbstwahrnehmung. Konstruktives Feedback ist keine Bewertung des Verhaltens anderer nach eigenen oder vorgegebenen Maßstäben, sondern die Beobachtung des Gehörten oder Gesehenen verknüpft mit einer Aussage über die Auswirkungen auf die eigenen Gefühle und das eigene Verhalten. Konstruktives Feedback dient dazu, die eigene Sichtweise wertschätzend klar zu stellen und Veränderungen und Lernen anzuregen – als Basis für eine gute Verständigung und Zusammenarbeit. In diesem Sinne ist konstruktives Feedback auch Teil einer empathischen Gesprächsführung, da es auf gleicher Augenhöhe und mit der Grundannahme stattfindet, dass jeder Mensch gute Gründe für das hat, was er tut – auch wenn diese Gründe auf den ersten Blick nicht sichtbar oder verständlich sind.[10]
Gesprächssinn erklären
Den Sinn und die persönliche Wichtigkeit des Gesprächsthemas zu erklären, sowie den positiven Beitrag des Gesprächspartners zu diesem Thema anzuerkennen, weckt nicht nur Verständnis, sondern auch Begeisterung und Motivation. Das Bemühen, sich in andere einzufühlen und durch aktives Zuhören und Fragen ihre Sicht der Dinge zu verstehen, erleichtert es beiden Seiten, die eigenen Anliegen, Wertigkeiten oder Visionen inspirierend zu formulieren, indem Gefühle mit angesprochen werden.
Eine empathische Gesprächsführung bedeutet also, auf die Stärken des Gesprächspartners und auf die Möglichkeiten einzugehen, diese zum Erreichen einer gemeinsamen Lösung einzusetzen. Andererseits kann Empathie aber auch heißen, Klarheit über mögliche Unvereinbarkeiten zu schaffen, um dann wertschätzend mit konträren Positionen und Haltungen umzugehen.
Die Auswirkungen einer empathischen Gesprächsführung
Empathie im Umgang mit anderen Menschen führt dazu, dass wesentliche psychologische Grundbedürfnisse erfüllt werden: Autonomie, soziale Eingebundenheit und Kompetenz. Sie sind Bedürfnisse, die in der Motivationstheorie auch als Grundlage intrinsischer Motivation angeführt werden.[11]
Kompetenz fühlen bedeutet, das Gefühl haben, effektiv auf die jeweils wichtig erachteten Dinge einwirken zu können. Als Gesprächspartner mit den eigenen Bedürfnissen und Stärken empathisch wahrgenommen zu werden und die Möglichkeit zu haben, diese einsetzen bzw. befriedigen zu können, stärkt das Gefühl von Kompetenz.
Autonomie bedeutet Freiwilligkeit – handeln, nicht durch Regeln erzwungen, sondern aus eigenem Antrieb und durch die Begeisterung für die Arbeit heraus. Das Gefühl der Autonomie wird dadurch gefördert, dass gemeinsame Ziele und Werte auf einer emotionalen Ebene angesprochen werden, der Sinn von Maßnahmen und Handlungen emotional positiv wahrgenommen wird, eigene Stärken und Beweggründe sowie die eigene Leistung anerkannt und wertgeschätzt werden. Das Gefühl von Autonomie führt zu Freude und intrinsischer Motivation. Ist ein Verhalten autonom motiviert, hat dies einen positiven Einfluss auf die Kreativität, auf das Problemlösungsverhalten, das Durchhaltevermögen sowie auf die Stressresistenz und die Energie, die einem selbst für seine Handlungen zur Verfügung stehen.
Soziale Eingebundenheit bezeichnet die Bedeutung, die man für andere hat, sowie die Bedeutung, die andere für einen haben. Es bedeutet, als Mensch „gesehen“ und wertgeschätzt zu werden, und dies geschieht primär auf einer emotionalen und kommunikativen Ebene. Die Vermittlung von gemeinsamen Werten und Wissen und die Verbindung der Bedürfnisse des einzelnen mit denen der gesamten Organisation durch eine empathische Haltung stärken das Gefühl der sozialen Eingebundenheit.
Neurowissenschaftlich gesehen aktiviert die Befriedigung der psychologischen Grundbedürfnisse das Belohnungszentrum im Gehirn und versetzt Menschen besser in die Lage, komplexe Probleme mit Kreativität zu bewältigen und ihre volle geistige Leistung abzurufen, während Stress und Angst das Schmerzareal aktivieren und die Möglichkeit, rationale Entscheidungen zu treffen sowie die emotionale Stabilität einschränken.[12]
Schlussfolgerung
Ein empathischer Umgang in Unternehmen miteinander fördert die Befriedigung der psychologischen Grundbedürfnisse und nutzt so die Potenziale der Menschen in der Organisation. Empathische Gespräche beugen Konflikten vor, verstärken die Mitarbeiterbindung und fördern den Aufbau einer Vertrauenskultur. Gleichzeitig steigt die Akzeptanz von Veränderungen – ein wesentliches Thema im Zeitalter der Change Prozesse -, wenn neben rationalen Gründen ebenso das Herz und die Leidenschaft angesprochen werden.
Zu den Fähigkeiten des Managements gehören Durchsetzungskraft, Entscheidungsfreude und Umsatzorientierung. Werden diese Fähigkeiten mit einer empathischen Haltung gegenüber den Menschen in Unternehmen verbunden, steigert dies den Wirkungsgrad unternehmerischen Handelns. Eine empathische Haltung ist erlernbar – wie viele andere Fähigkeiten auch. Durch Selbstwahrnehmung und Selbstmanagement kann es gelingen, empathische Verhaltensweisen zu festigen und so zu einem menschlicheren Unternehmensklima beizutragen.
Weiterführende Literatur
- Goleman, Daniel (2015): Emotionale Führung, 8. Auflage, Berlin
- Goleman, Daniel (2008): Emotionale Intelligenz, 20. Auflage, München
- Miyashiro, Marie R. (2013): Der Faktor Empathie, 1. Auflage, Paderborn
- Lindemann, Vera/Heim, Gabriele (2011): Erfolgsfaktor Menschlichkeit, 2. Auflage, Paderborn
- Rosenberg, Marshall B. (2005): Gewaltfreie Kommunikation, 6. Auflage, Paderborn
- Motschnig, Ladislav/Nykl, Renate (2009): Konstruktive Kommunikation, 1. Auflage, Stuttgart
- Keysers, Christian (2011): Unser empathisches Gehirn, 1. Auflage, München
- Lehrer, Jonah (2009): Wie wir entscheiden, 1. Auflage, München
- Draht, Karsten(2015): Neuroleadership, 1. Auflage, Freiburg
- Scharlau, Michael/Rossié, Christine (2016): Gesprächstechniken, 3. Auflage, Stuttgart
- Vgl. Gallup Engagement Index 2015
- Vgl. Drath (2015), S.27
- Vgl. Lehrer (2009), S. 21
- Vgl. ebda, S. 25
- Vgl. Goleman (2015), S. 24
- Vgl. Lehrer (2009), S. 31 ff.
- Vgl. Goleman (2015), S. 62
- Vgl. Scharlau, Rossié (2016), S. 57 ff.
- Vgl. ebda, S. 64 ff.
- Vgl. Scharlau, Rossié (2016), S. 71 ff.
- Vgl. L. Deci, M. Ryan (1993), S. 224 ff.
- Vgl. Drath (2015), S.36 ff.