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Der Gruppenreport des 360 Grad Feedback

08.11.2019Petra SchulteGerhard Liska

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Dieses Interview führt Petra Schulte, Inhaberin der USP Leadership Experts, mit Gerhard Liska, dem langjährigsten USP Leadership Partner und Senior Consultant, zum Group Report als besonderem Mehrwert des 360° Feedback.

Gruppenreport des 360 Grad Feedback

Schulte: Ich bin Petra Schulte, Geschäftsführerin und Inhaberin von USP-Leadership Experts. Wir sind ein Team von Leadership-Diagnostikern und –entwicklern. Heute stelle ich meinen langjährigen Kollegen Gerhard Liska vor, um mit ihm gemeinsam den Gruppenreport des 360 Grad Feedback für Sie aufzubereiten. 

Liska: Liebe Petra, ich danke für die Einladung zu diesem Gespräch und freue mich auf deine Fragen.

Schulte: Dann möchte ich zuerst auf dich als Person kommen, damit dich unsere Zuschauer besser kennen lernen können. Erzählst du uns, wo du herkommst?

Liska: Durch mein Studium der Humanökologie habe ich einerseits einen systemischen Background. Das ist ein Standbein meines Zuganges als Berater. Das zweite Standbein ist humanistisch orientiert. Es fußt auf meiner Therapieausbildung als Hakomi Therapeut, einem körperorientierten Ansatz, der mit Achtsamkeit arbeitet. Diese beiden Standbeine bilden das Rückgrat meiner Vorgangsweise. Wir arbeiten ja bereits seit mehr als 19 Jahren zusammen. Führungskräftediagnostik und –entwicklung sind innerhalb der USP meine Spezialitäten.

Schulte: Was führt dich zur Personaldiagnostik? Das 360 Grad Feedback ist ja ein Diagnostikinstrument? Was verstehst du unter dem 360 Grad Feedback?

Liska: Zur Diagnostik führt mich mein großes Interesse an der Entwicklung von Menschen. 

Das 360 Grad Feedback ist ein effektives Feedbackinstrument. Es ermöglicht einer teilnehmenden Führungskraft, anonymisiertes Feedback zu bekommen. Das Feedback kommt vom eigenen Vorgesetzten, den Mitarbeitern, Kollegen sowie internen/externen Kunden und Lieferanten. Das heißt, wir haben insgesamt vier unterschiedliche Zielgruppen die bildlich gesprochen die vier Gradachsen eines vollen Kreises abbilden. Von daher rührt der Name des Instruments.

Schulte: Was ist dann der 360 Grad Feedback Gruppenreport?  Dieser ist ja weniger bekannt als das Instrument des 360 Grad Feedback selbst. Was müssen sich unsere Zuschauer darunter vorstellen? Warum gibt es überhaupt einen solchen Gruppenreport?

Liska: Der Gruppenreport ist eine Verdichtung der Ergebnisse verschiedener Einzelreports auf Team- oder Gruppenebene. 

Ein Beispiel: Die 16 Führungskräfte des Managementteams einer Organisation gehen einzeln durch das 360 Grad Feedback. Sie erhalten in der Folge ihre individuellen Einzelreports. Für den Gruppenreport werden die Einzelergebnisse aller 16 Teilnehmer aggregiert und zusammen ausgewertet. Die Auswertung erfolgt über interne Diskussionen im USP Diagnostikteam. In einer Art Verdauungsprozess der Daten entstehen Interpretationen, die wir zu Hypothesen verdichten. Eine Hypothese ist eine Aussage, ein Statement, in kurzer Form über das, was wir an Information glauben aus den Daten erkennen zu können.

Schulte: Diese Arbeit, in die auch viele Kollegen eingebunden sind, umfasst intensive Auseinandersetzungsschleifen. Es ist ja nicht so, dass wir mit dem Finger durch die Daten gehen – einmal in die eine Spalte, dann in die andere Spalte. Im Gegenteil, es sind oft intensive, manchmal fast schmerzhafte Diskussionen, weil wir von sehr unterschiedlichen Zugängen kommen. Du interessierst dich für die Entwicklung einzelner Menschen und von Gruppen von Menschen, wir haben aber auch Organisationsentwickler im Diagnostik Team.

Was finden wir in einem Gruppenreport vor? Aus welchen Teilen besteht er?

Liska: Ein Report besteht aus vier Teilen: (1) das Zahlenmaterial der aggregierten Einzelreports, also der Reports der 16 Mitglieder des Managementteams aus dem Beispiel, (2) die Freifeldkommentare zu offenen Fragen, auch diese werden aus den Einzelreports aggregiert, (3) unsere Hypothesen und (4) Empfehlungen, die wir aus Daten und Hypothesen ableiten. 

Schulte: Das ist spannend. Angenommen wir haben einen intensiven Auswertungsprozess hinter uns, der Gruppenreport liegt vor. Wie geht es jetzt weiter?

Liska: Der nächste Schritt ist, dass die Auftraggeber in einem Workshop die Hypothesen vorgestellt bekommen und in einen durchaus intensiven Diskussionsprozess einsteigen. Wir legen Wert darauf, dass sowohl wahrgenommene Stärken als auch potenzielle Entwicklungsfelder in den Hypothesen abgebildet sind, aber natürlich werden dabei emotionale Reaktionen in der Diskussion ausgelöst. Die Hypothesen werden bewertet im Sinne von „trifft zu“, „trifft nicht zu“. Das löst beim Kunden einen Verdauungsprozess aus.

Schulte: Die Auftraggeber sind allerdings nicht immer die Zielgruppe, die analysiert worden ist. Wie kommt die eigentliche Zielgruppe, die wir als Datengrundlage genutzt haben, ins Bild?

Liska: Der Vorgang bleibt gleich. Ich gehe nochmals zu meinem Beispiel der 16 Mitglieder eines Managementteams zurück. Diese gehen ebenfalls durch einen solchen Workshop der Rückmeldung, Diskussion und Gewichtung der Hypothesen im Sinne von „trifft zu“, „trifft nicht zu“. Die Auftraggeber sind bei diesem Workshop auch wieder dabei. Oftmals gibt es zwischen den Gewichtungen der Auftragnehmer und der Teilnehmergruppe in Bezug auf die als zutreffend oder nichtzutreffend wahrgenommenen Hypothesen eine gute Deckung. 

Besonders dort, wo es Abweichungen gibt, eröffnet sich das Feld für eine intensive Auseinandersetzung und Hinterfragung der Spielregeln im Führungskreis, im Sinne von „Wie tun wir eigentlich im Managementteam?“ Das sind natürlich wertvolle Prozesse der Auseinandersetzung.

Schulte: Was sind klassische Anwendungsfelder für einen 360 Grad Feedback Gruppenreport? Was sind deutlicher werdende Strömungen in der Organisation, wenn für Teilnehmer unterschiedlicher Zielgruppen eines 360 Grad Feedback ein Gruppenreport erstellt wird?  

Liska: Mögliche Zielgruppen sind einerseits ein Management-/ Führungsteam einer Organisation als Ganzes. Ein anderes Einsatzgebiet ist der Vergleich unterschiedlicher Bereiche einer Organisation miteinander. 

In den Hypothesen eines Gruppenreports werden immer kulturbeeinflussende Aspekte sichtbar, da geht es beispielsweise um Führungskultur, Kommunikationskultur oder Feedbackkultur. Im Einzelnen geht es um Themen wie beispielsweise das Silodenken, die im Sinne von Denk- und Handlungsmustern unbewusst wirken. Über die Hypothesen im Gruppenreport können diese Muster dem Kunden zurückgespielt werden. Dadurch werden sie zugänglich und diskutierbar.

Schulte: Wenn du einen Blick in die Zukunft werfen könntest: Was würdest du dir für unsere Kunden oder von unseren Kunden wünschen?

Liska: Was ich mir wünsche ist, dass der besondere Nutzen und die Qualität des Gruppenreports stärker wahrgenommen werden, dass der Schritt vom Einzelreport zur Verdichtung in einem Gruppenreport tatsächlich erfolgt. Immer wieder gibt es Kunden, die diesen Schritt nicht gehen. Das finde ich schade, da der Aufwand für den Gruppenreport klein ist im Vergleich zu dem, was an Aufwand bereits passiert ist. Die verschiedenen Einzelreports, die als Grundlage für den Gruppenreport dienen, sind ja bereits vorhanden. Im Vergleich zum Nutzen, den ein Gruppenreport bringt, sind die Kosten zudem minimal.

Schulte: Vielen Dank für das Gespräch und den tieferen Einblick in das Thema Gruppenreport. Das macht Lust auf das nächste Projekt. Ich hoffe, dass für unsere Zuschauer mehr Struktur und Hintergrundinformation zum 360 Grad Feedback Gruppenreport hinsichtlich des Nutzens, möglicher Anwendungsfälle und zum Prozess erkennbar sind. Wichtig ist auch die weitere Arbeit mit den Ergebnissen, wie du sehr deutlich gemacht hast. Da beginnt die Entwicklung der jeweiligen Organisation. Der einzelne Teilnehmer sieht zudem, dass Dinge konsequent durchgezogen und ernst genommen werden. Daraus wachsen die Hoffnung sowie der Glaube „Wir sind auf dem richtigen Weg“ als zwei Grundpfeiler einer lernenden Organisation.

Gerhard, wir steigen ein in das nächste Projekt!

 

Hier finden Sie weitere Informationen zu Gerhard Liska und zum 360° Feedback / 360° Feedback Gruppenreport.